Positionspapier/ Protestbrief
der Bürgerinitiative "Hoher Markstein" zur geplanten Ansiedlung eines Gewerbebetriebes in Neuenstein Bebauungsplan Lange Klinge III und Lange Klinge IV:
Im Gewerbegebiet Neuenstein Lange Klinge III und Lange Klinge IV soll laut Gemeinderatsbeschluss ein Logistikbetrieb mit einer Gesamtfläche von 14 ha angesiedelt werden. Die darauf vorgesehenen Gebäude sollen auf gleichem Geländeniveau von ca. 322 m ü. N. N. stehen. Entlang der Autobahn soll das zum Logistikbetrieb gehörende Hochregallager entstehen. Laut Architekt wird es eine Höhe von 40 m und eine Länge von ca. 400 m haben. Diese geplante Bebauung befindet sich auf dem höchsten Punkt des Gewerbegebietes. Hinweis: Der Name der Feldflur lautet "Hoher Markstein".
Im Folgenden führen wir auf, aus welchen Gründen wir gegen eine Bebauung dieser Art an dieser Stelle sind.
Landschaftsbild
In jedem Flächennutzungsplan und in jedem Bebauungsplan nimmt das Schutzgut Landschaftsbild einen breiten Raum ein.
Um dieses zu bewahren, haben die Bebauungspläne Lange Klinge II und III des Gewerbegebietes in Neuenstein eine Gebäudehöhe von 12 m maximal vorgegeben. Vermutlich soll im neuen Bebauungsplan Lange Klinge IV die Höhe auf max. 16 m begrenzt werden.
Wie kann bei solchen Vorgaben der Entwurf zum neuen Logistikbetrieb mit Hochregallager eine Höhe von 40m vorsehen?
Dazu die Aussage vom Neuensteiner Bürgermeister Nicklas: "S+P kann bauen, so hoch sie will."
Auch heißt es in den Bebauungsplänen immer: "... die Bebauung muss an die örtlichen Gegebenheiten angepasst sein und sich in das Landschaftsbild einfügen. "Ein Gebäude dieses Ausmaßes ist ganz bestimmt nicht an die örtlichen Gegebenheiten angepasst und schon gar nicht in das Landschaftsbild harmonisch eingefügt. Im weiten Umfeld der Autobahn findet man kein vergleichbares Gebäude mit diesen Dimensionen. Ein Gebäude dieses besonderen Ausmaßes an dieser exponierten Stelle hat erhebliche bis katastrophale Auswirkungen auf das Landschaftsbild. Es gibt sicher kein Recht auf freie Sicht, es gibt sicher aber auch kein Recht auf Zerstörung des Landschaftsbildes. Zusätzlich zum Landschaftsbild sind negative Einflüsse auf Kleinklima, Luftaustausch, Windrichtung etc. mit großer Wahrscheinlichkeit vorhanden, wurden aber noch nicht untersucht. Das Gewerbegebiet Neuenstein war ursprünglich als Erweiterung oder Aussiedlung Neuensteiner Handwerker und Gewerbetreibender gedacht. In diesem neuen Baugebiet Lange Klinge III und IV haben auch Neuensteiner Betriebe versucht, sich zu erweitern oder neu anzusiedeln. Dies wurde aber von der Stadtverwaltung abgelehnt, oder ist nicht berücksichtigt worden.
Lärm
Die Gebäudefront des Hochregallagers mit 40 m Höhe und ca. 400m Länge verläuft entlang der Autobahn. Eine solche Wand wirft den Lärm/ Schall der Autobahn nach Norden, sprich in Richtung Hirschbach. Nördlich der Autobahn ist man heute schon wesentlich mehr belastet durch Lärm als südlich der Autobahn, da die Hauptwindrichtung West-Südwest überwiegt.
Es sollen nach dem geplanten Ausbau der Autobahn für den Norden keine Schallschutzmaßnahmen errichtet werden. Zudem gibt es nach Norden keine natürliche topographisch bedingte Lärmblockade. Das Gebäude, egal in welcher Höhe und Länge, muss so gebaut werden, dass nach Norden keinerlei Schall reflektiert wird. Ein behördliches Lärmgutachten ist auf jeden Fall zu erstellen. Wir behalten uns aber vor, ein eigenes Lärmgutachten in Auftrag zu geben.
Wasser
Auf einer versiegelten Fläche von ca. 14 ha sammeln sich enorme Mengen von Regenwasser, die in irgendeiner Art abgeführt werden müssen. Der Klimawandel mit Starkniederschlägen verschärft diese Problematik erheblich. Dieses Wasser muss unbedingt zurückgehalten und die Möglichkeit geschaffen werden, auf dem Grundstück zu versickern. Dies dient der Auffüllung des Grundwassers. Wenn dies nicht vollumfänglich möglich ist, müssen Rückhaltesysteme geschaffen werden, die zum Teil Ölabscheiderfunktion haben, zum anderen das Wasser hier im Raum behalten. Dies ist zwingend erforderlich für den Schutz der Umwelt, der Beeinflussung des Kleinklimas und eventuell zur Nutzung für landwirtschaftliche Flächen in der näheren Umgebung. Werden große Wassermengen in den Hirschbach abgeleitet, verstärkt sich die jetzt schon zu sehende Auswirkung die durch Oberflächenwasser der Autobahn, der Raststätte und des Gewerbeparks Waldenburg im Hirschbach entstehen.
Durch Abzweigung von Wasser in die Epbach fällt der Hirschbach sehr schnell trocken. Dies ist eine Katastrophe für Flora und Fauna.
Bei Starkregen fräst dann eine Flutwelle den Hirschbach aus, wie am Zustand des heutigen Bachbetts deutlich zu sehen ist.
Gewerbesteuer
Die immer wieder ins Feld geführte Gewerbesteuer durch die Verlagerung des Firmensitzes des Logistikbetriebes wäre schön für Neuenstein. Auch darf man der Firma wünschen, dass sie rosige Zeiten vor sich hat, denn nur wenn der Betrieb hohe Gewinne macht, fällt auch Gewerbesteuer an. Dafür gibt es aber keine Garantie. Den Saldo darüber kann man frühestens in 10 Jahren berechnen.
Arbeitsplätze
Durch eine Investition in ein Hightech-Lager, wie es der Betrieb vorhat, werden wohl eher Arbeitsplätze abgebaut als neue geschaffen.
Wie schon zuvor erwähnt, ist es der Firma zu gönnen, dass sie mehr Arbeitsplätze einrichten kann. Wenn man aber von Öhringen alle Arbeitsplätze nach Neuenstein verlagert, wird es wohl bestenfalls ein Nullsummenspiel geben. Die Frage ist, ob auf dem Markt überhaupt entsprechende Arbeitskräfte vorhanden sind, betrachtet man die Hilferufe mancher Branchen.
Lichtreklame
Eine Lichtreklame ist grundsätzlich zu untersagen. Lichtverschmutzung ist eine Katastrophe für Insekten, die sich am Licht von Mond und Sternen orientieren und durch künstliches Licht in die Irre geleitet werden, ihre Kräfte verbrauchen und bald verenden. Auch die Bewohner der nördlich der Autobahn gelegenen Siedlungen würden von künstlichem Licht enorm gestört.
Verkehr
Laut Stand der ersten Ausbaustufe sollen etwa 50 bis 60 LKW täglich die Firma anfahren. Bei weiterem Ausbau könnten es eher 100 LKW oder mehr werden. Diese Fahrzeuge müssen von der Autobahnausfahrt aus das ganze Gewerbegebiet durchqueren.
Wäre hier nicht ein anderer Standort innerhalb Neuensteins verkehrsmäßig günstiger?
Standort
Damit hier vor Ort die LKW nicht durchs ganze Industriegebiet fahren müssen, würden wir einen alternativen Standort vorschlagen, der auch noch andere Vorteile besitzt. Der Bereich zwischen Salzweg und Autobahn würde sich von der Größe der Fläche genauso eignen wie der geplante Standort Hoher Markstein. Geländeregulierungen müsste man hier zwar auch machen, aber man würde hier eine Höhe von ca. 310 m ü. N. N. als Ausgangshöhe erreichen. Im Gegensatz zur Ausgangshöhe des geplanten Standortes "Hoher Markstein" mit einer späteren Geländehöhe von ca. 322 m ü. N. N., würde dies einen Höhengewinn von ca. 12 m mit sich bringen.
Die oben genannten LKW hätten den kürzesten Weg von der Autobahn zum Firmengelände. Die Maße des Hochregallagers entlang der Autobahn an dieser Stelle wären der ideale Lärmschutz für die Kernstadt Neuenstein, insbesondere für die Friedrichsruher Siedlung.
Auch nach Norden wäre der Schallschutz wesentlich besser, da das Gelände nördlich der Autobahn noch ansteigt. Beim Standort Hoher Markstein ist das Gelände nach Norden vollkommen offen.
Planungsrechtlich sind beide Standorte gleich zu betrachten: Sie haben den Status Ackerland. Weder sind beide Standorte im Flächennutzungsplan ausgewiesen, noch besteht ein rechtswirksamer Bebauungsplan.
Fazit
Abschließend möchten wir folgendes feststellen: Mit den zuvor aufgeführten Argumenten möchten wir unser Ziele untermauern:
Einen derartigen Gebäudekomplex auf der höchsten Stelle des Geländes ist fürs Landschaftsbild eine Katastrophe und muss aus diesem Grund auf jeden Fall architektonisch verändert werden.
- Eine zunehmende Lärmbelastung für den Norden durch Reflexion des Schalls muss verhindert werden.
- Die Niederschlagswasserbelastung durch die ca. 14 ha versiegelte Fläche sind enorm und müssen für Grundwasser und Natur gelöst werden.
- Gewerbesteuer und Arbeitsplätze lassen sich frühestens in 10 Jahren beurteilen. Sie können von der Gemeinde nicht als garantiert angenommen werden.
- Standortwechsel, der Verkehr durchs Industriegebiet wird enorm zunehmen.
Deshalb muss eine Standortwahl zwischen Salzweg und Autobahn als Alternative erwogen werden. Die meisten Probleme wären durch diesen Standort gelöst oder wesentlich verringert. Niemand aus unserer Bürgerinitiative will die Ansiedlung von S+P verhindern, es gibt aber einige Punkte, die so von den Betroffenen nicht akzeptiert werden können und alternative Lösungen erfordern, z.B. durch Veränderungen am Bauwerk selbst oder durch eine Verlagerung des Standortes. Wir erwarten auch eine Erklärung was S+P bei einem Bauvorhaben dieser Dimension unter ökologischem Bauen versteht.
Die Öffentlichkeitsarbeit unserer Kommune in diesem Fall hat bisher leider nicht stattgefunden, es gab lediglich mehrere Artikel in der Hohenloher Zeitung. Das ist eine eigenartige Auffassung von Öffentlichkeitsarbeit. Dies erkennt man auch an der öffentlichen Bekanntmachung zur Aufstellung des Bebauungsplanes Lange Klinge IV im Neuensteiner Gemeindeblatt vom 11.04.2022. Dort hieß es:
"Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit findet zu einem späteren Zeitpunkt ….statt".
Dies ist ein Widerspruch in sich und wird den Bedürfnissen der Öffentlichkeit nach Information in keiner Weise gerecht.
gez. Bürgerinitiative "Hoher Markstein", Löschenhirschbach den 10.09.2022